Im Krankenhaus ist der Schrecken unendlich.

Ich weiß noch, dass mich Filme schon immer über die Maßen fasziniert haben, und nie gab es etwas spannenderes, als wenn Pappa eine Tüte mit frischen Filmen aus der Videothek mitgebracht hat! Von unscheinbaren Hüllen waren die Kassetten verborgen, und wenn man die dann mit nervösen Fingern aufgemacht hat, war das immer ein bisschen wie Weihnachten.

Kein Wunder also, dass ich mir im zarten Altern von neun Jahren heimlich Pappas „Videokatalog 1985“ geschnappt hatte, um darin nach spannenden Filmen zu suchen. Klar, da hats einen schon ein bisschen gegruselt, wenn man Cover wie „Chiller – Kalt wie Eis“ gesehen hat, oder Freddy Krügers Pizzagesicht, aber als abgebrühter Neunjähriger schüttelt man das doch locker ab.

Dann hab ich das Cover von „Coma“ gesehen, diese Menschen, an Beatmungschläuchen in diesem unheimlichen, violetten Licht. Dieses verdammte Bild hat mich über Jahre verfolgt und mir üble Alpträume beschert, vor allen Dingen, weil ich wusste, dass das Teil in Pappas Videosammlung im Keller steckt. Wenn ich bloß in die Nähe dieser Kassette gekommen bin, hab ich Herzklopfen gekriegt; es hätte mich nicht gewundert, wenn sie angefangen hätte in diesem unheimlichen violetten Licht zu leuchten, wenn mich dieses Licht gepackt und in diesen schrecklichen Raum mit den Beatmungsgeräten gezerrt hätte…

Nun ja, aber ich wäre vermutlich kein Mystery-Autor geworden, wenn mich die Kunst des Gruselns nicht so magisch anziehen würde. Trotzdem war ich weit über zwanzig, als ich mich das erste Mal an diesen Film getraut habe, und was soll ich sagen, ich war heilfroh damit so lange gewartet zu haben! Coma ist ein Spannungs-Meisterwerk, mit einer zutiefst verstörenden Grundidee. Natürlich musste ich den auf Bluray haben, auch wenn ich dreimal durchatmen muss, bevor ich die Scheibe in den Player schiebe. Gestern habe ich es mal wieder gewagt. Es ist und bleibt ein intensives Erlebnis, das ich euch unbedingt ans Herz legen möchte.

 

Michael Douglas und Genevieve Bujold im Bann des Weißkittel-Grauens

Susan Wheeler (Bujold) ist Chirurgin im Boston Memorial und mit dem ehrgeizigen Chirurgen Mark Bellows (Douglas) liiert. Als ihre Freundin nach einem Routineeingriff nicht mehr aufwacht und in ein irreversibles Koma fällt, ist Susan außer sich. Es gibt keine Besonderheiten, nichts auffälliges, keinen erkennbaren Grund. „So etwas passiert eben!“, sagt man ihr, und doch beginnt Susan zu graben und findet heraus, dass ihre Freundin nicht die einzige Patienten ist, die nach Routineeingriffen ins Koma fällt.

Ihr Freund hält sie für hysterisch, und der Chef des Boston Memorial verordnet ihr Termine beim Psychiater, anstatt ihr Glauben zu schenken. Fast schafft der es sogar, sie davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich überreagiert und nur etwas Ruhe und Abstand braucht, doch dann fällt abermals ein junger Patient ins Koma, mit den selben scheinbar unscheinbaren Auffälligkeiten während der OP. Sie bohrt also abermals weiter und erfährt, dass zusammen mit den Koma-Fällen immer wieder ein mysteriöses „Jefferson Institut“ erwähnt wird. Also beschließt Susan auch das unter die Lupe zu nehmen…

 

Starke Hauptfigur und eine quälend spannende Medizin-Dystopie.

Susan Wheeler ist ein toller und starker Charakter. Gleich zu Beginn stellt sie ihrem Freund die Spur ein und sagt ihm, dass er sich sein Bier gefälligst selbst holen könne, und sie diejenige sei, die als erstes duscht. Auch lässt sie sich auf ihrer Suche nicht beirren, spricht alle Verdachtsmomente offen an und tritt ihren Gegnern mit offenem Visier entgegen.

Und das macht auch einen Großteil der Spannung aus! Als Zuschauer spürt man, wie die Susans Neugierde bemerkt wird, wie sie in den Blick gefährlicher Augen gerät, und wie diese anfangen Susan umzubewerten: Die „hysterische Frau“ wird zur echten Bedrohung!

So ist man beeindruckt über den Mut dieser Frau, die ihrem Verdacht so offen nachgeht, aber das ändert sich spätestens dann, wenn sie das Jefferson Institut aufsucht: Das Jefferson Institut ist ein riesiger und verstörender Klotz aus Beton und Glas. Kein Mensch ist zu sehen, nur Kameras überall, und sie folgen Susan auf ihrem Weg zum Eingang. Die Tür öffnet sich nicht, keine Klingel, nur ein Kameraobjektiv, das sich auf sie richtet. Wenige Augenblicke später erscheint eine Frau im weißen Kittel. „Sie wünschen?“ fragt sie, leblos wie ein Roboter, und ihre eiskalten Augen durchbohren Susan genauso wie den Zuschauer. Ob sie nicht die Einrichtung besichtigen dürfe, fragt Susan, aber die Eisfrau weigert sich und verweist auf den Besichtigungstermin für Ärzte am kommenden Dienstag. „Wie war nochmal ihr Name?“ fragt sie, und ein gefährliches Feuer blitzt in ihren Augen. Susan nennt ihn ohne zu zögern, und spätestens ab dem Zeitpunkt bekommt man es mit der verdammten Angst zu tun.

Viel mehr möchte ich über die Handlung gar nicht mehr verraten, da ich sonst Gefahr laufe, das intensive Erlebnis zu schmälern, das zukünftige Zuschauer mit diesem Film haben können. Nur so viel: Es warten ein paar Szenen, die mich auch heute noch nachhaltig verstören. Nicht wegen irgendwelcher Brutalitäten oder Blutexzesse – so etwas gibt es in „Coma“ nicht – sondern wegen dieser kompletten Entmenschlichung, mit der der Zuschauer konfrontiert wird; keine Personen mehr, nur noch Fleisch, gestapelt, abgepackt, aufbewahrt, Brrrrrr!

 

Michael Crichton und Robin Cook – zwei Meister bei der Arbeit.

Michael Crichton ist natürlich kein Unbekannter, und man weiß, dass er großartige Filme gemacht hat, genauso wie er großartige Bücher geschrieben hat. Ganz anders ist das mit Robin Cook, der sich hierzulande keiner größeren Bekanntheit erfreuen kann. Dabei hat er eine ganze Reihe hochspannender Thriller geschrieben, sehr viele im Medizinbereich, in dem er auch selbst tätig ist. Eine Art Vorgänger zu Tess Gerritsen, wenn man so möchte. Cooks Schreibstil ist einfach, aber kompakt und mitreißend, und ich kann nur empfehlen, sich mit seinem Werk zu beschäftigen!

Jedenfalls hat sich in Crichton und Cook in Dream Team in Sachen spannender Geschichtenerzählerei gefunden und mit „Coma“ ein echtes Meisterwerk aus der Taufe gehoben, das auch heute, vierzig Jahre später, nichts von seiner Kraft verloren hat! Alleine der Soundtrack! Die Streicher wimmern unheilvoll, steigern sich zu fiebrigem disharmonischem Gekreisch, dass einem das Herz schier aus der Brust springen will. Ja. Das ist Old-School Spannungskino, wie ich es liebe! Ganz nebenbei gibt Tom Selleck eine kleine Nebenrolle, und Ed Harris hat hier sein Spielfilmdebut, ebenfalls in einer winzigen aber höchstamüsanten Nebenrolle. 2012 hat man den Film als Miniserie wieder aufgelegt, u.A. mit Geena Davis, James Woods und Richard Dreyfuß in Nebenrollen. In Deutschland wurde die Serie zu einem Film heruntergekürzt, wofür er 87 Minuten lassen musste. Ich persönlich habe ihn noch nicht gesehen und kann nur vom Original sprechen, aber das lege ich nervenstarken Spannungsfans dringend ans Herz! Doch Vorsicht ist geboten. Der Film verfolgt einen wirklich manchmal bis in den Schlaf.

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