Es sind eben manchmal die kleinen Umwege, die zu den wirklich großen Dingen führen: In diesem Fall ist es meine Leidenschaft für Hörbücher, die mich zu einem wirklich großartigen Geschichtenerzähler geführt hat. Aber der Reihe nach.
Zuerst war da die Suche nach einem neuen Hörbuch, und da sich nicht wirklich eine Inspiration einstellen wollte, und die meisten interessanten Hörbücher von David Nathan gesprochen werden, habe ich eben nach meinem Lieblingssprecher gesucht: Uve Teschner. (Man verstehe mich bitte nicht falsch, David Nathan ist ein großartiger Sprecher, aber nach gefühlten tausend Hörbüchern mit ihm, hab ich ihn einfach über.)
Von abtrünnigen Regierungsorganen und genialen Physikern.
Und da ist mir dann dieses doch recht unspekatuläre Cover von „Control“ untergekommen. Um John Grady geht es da, einem Physiker, der es aufgrund seiner unkonventionellen Denke geschafft hat, die Gesetze der Schwerkraft zu manipulieren. Allerdings bekommt er dafür keinen Ruhm, sondern Besuch von einer Gruppe Anti-Technik-Terroristen, die ihn auf Fässer mit Sprengstoff schnallen und sein Ableben auf der Videokamera festhalten. Denkt er zumindest. Als er aufwacht befindet sich Grady in einem hochmodernen und hübsch eingerichteten Bürokomplex. Er befände sich im Hauptquartier des „Bureau Of Technology Control“, wie man ihm erklärt, und Ziel des „BTC“ sei es, die Welt vor „disruptiven Erfindungen“ zu beschützen, vor Erfindungen also, für die die Menschheit nach Meinung des BTC noch nicht bereit ist.
Grady bietet man zwei Möglichkeiten an: Entweder er hilft dem BTC beim Finden und Isolieren von disruptiven Innovatoren, oder man wird ihn auf Lebenszeit in „Hibernity“ wegsperren, ein streng geheimes und bestens bewachtes Gefängnis für unkooperative Genies. Grady weigert sich und prompt verfrachtet man ihn nach Hibernity, doch das Gefängnis ist alles andere als der angenehme goldene Käfig, den man ihm versprochen hat. Das Grauen, das er dort erlebt mobilisiert seinen Widerstand…
Popcorn-Thriller aus der nahen Zukunft, mit Sachverstand serviert.
Zugegeben: Die Figuren haben manchmal etwas Schablonenhaftes und die Story kommt stellenweise kräftig plakativ daher. Aber das stört mich persönlich nicht im geringsten. Das liegt an der Inszenierung: Wenn man sich erst einmal durch John Gradys Technik-Gebrabbel zu Beginn des Romans gekämpft hat, fällt der Startschuss, und was dann folgt ist ein fesselndes Ideenfeuerwerk voller Action und Spannung!
Na schön, dann ist der fiese Morrison eben ein Abziehbild des typischen stiernackigen und abgebrühten alten Soldaten, aber ich kaufe ihm seine skrupellose Art trotzdem ab, und kriege es mit der Angst zu tun, wenn er Jagd auf John Grady macht! Es sind die Details, die die Story so faszinierend machen, diese vielen bunten Ideen und technischen Spielereien, die sich Daniel Suarez ausgedacht hat; das sind eben keine aus der Luft gegriffenen Technologien, man merkt, dass der Mann sich in seinem Metier auskennt und das technisch mögliche lustvoll überspitzt und ausschmückt.
Wie gutes Popcorn-Kino schiebt einen die Story einfach nur voran, ständig blitzen originelle Ideen auf, alles ist visuell und bildhaft beschrieben, es gibt kaum Atempausen, es steigert sich, wird immer größer, bombastischer, bedrohlicher, gewaltiger, weltumfassender, und man beobachtet mit offenem Mund, was da alles in so kurzer Zeit auf einen einprasselt. Langeweile? Von wegen. Ich für meinen Teil bin jedenfalls restlos begeistert und bin beglückt, dass es für mich mit „Daemon“, „Darknet“, „Kill Decision“ und „Bios“ noch einiges von dem Autor zu entdecken gibt!
Hat Michael Crichton einen Erben gefunden?
Die Genre-Frage ist im Falle von „Control“ nicht so leicht zu beantworten. Techno-Thriller? Near Future Science Fiction? Low Science Fiction? Es gibt da ja noch so einen großartigen Phantastik-Poeten, dessen Werke ähnlich schwierig einzuordnen sind. Michael Crichton. Tatsächlich nennen manche Fans Daniel Suarez in einem Atemzug mit dem visionären Zukunftserzähler, aber bei aller Begeisterung: Da bin nun doch ein bisschen zurückhaltend. Ich meine, Michael Crichton! Ihm haben wir „Andromeda“ zu verdanken, „Westworld“, „Jurassic Park“… um diese Liga zu erreichen, muss sich Daniel Suarez schon noch ein wenig ins Zeug legen. Wobei mir der Stil von Suarez sogar besser gefällt! Er ist wahnsinnig dicht und rasant, vor allem aber unglaublich visuell – das berühmte Kino im Kopf. Das hat Michael Crichton nicht in dieser opulenten Form geschafft, wie es Daniel Suarez gelungen ist.
Aber das sind Haarspaltereien über die man sich beim nächsten Nerd-Treffen lustvoll streiten kann. Eines jedenfalls steht fest: Die beiden Autoren verbindet viel. Es ist dieses Spiel mit den Ideen, das die beiden gemeinsam haben, diese lustvolle Gratwanderung zwischen Science Fiction und Thriller, zwischen Zukunft und Gegenwart, es ist dieses Gefühl dafür eine spannende Geschichte packend und effektvoll zu erzählen, und komplexe Themen süffig und mitreißend zu transportieren.
Eine Techno-Thriller-Bombe mit Suchtfaktor.
Ich fasse zusammen: Wer sich mal wieder von einer grandios spannenden und bunten Geschichte in seinen Lesesessel drücken lassen will, kommt an „Control“ nicht vorbei! Und Hörbuchfans empfehle ich auf jeden Fall die Hörbuchversion. Uve Teschner ist eine Macht! Seine großartige charaktervolle Stimme verleiht der Story genau das richtige Gewicht.
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